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Gustav Seitz
Plastik. Grafik. Zeichnung.
16. Oktober - 27. November 1999

 

Freitag, 15. Oktober 1999
19.00 Uhr
Anbringung einer Werktafel an der Käthe-Kollwitz-Plastik
auf dem Kollwitzplatz, Berlin-Prenzlauer Berg
Es spricht: Reinhard Kraetzer,
Bezirksbürgermeister Prenzlauer Berg von Berlin

Donnerstag, 11. November 1999, 19.30 Uhr
Podiumsgespräch zu Leben und Werk des Künstlers

19.30 Uhr
Vernissage der Ausstellung

Es spricht: Dr. Fritz Jacobi, Nationalgalerie Berlin

Zur Ausstellung und zum Künstler

Die Galerie am Wasserturm hat sich in den fünf Jahren ihres Bestehens neben der Präsentation und der Förderung von Gegenwartskunst insbesondere dem Anliegen verschrieben, die Erinnerung an herausragende Leistungen in der figürlichen Kunst wachzuhalten bzw. neu zu vermitteln. Die Fritz-Cremer-Ausstellung im September 1998, die Waldemar- Grzimek-Ausstellung im Dezember 1998/Januar 1999 und die Ausstellung POSITIONEN im Sommer 1999 fanden große Aufmerksamkeit. Dank der Unterstützung durch die Gustav Seitz Stiftung in Hamburg ist es nun möglich, anlässlich des 30. Todestages des Künstlers am 26.10.1999 Gustav Seitz mit Plastik, Grafik und Zeichnungen ausstellen zu können.
 

 

Weiblicher Torso, 1955
Bronze

Gustav Seitz (1906-1969) gehört zu den herausragenden Bildhauern seiner Generation und seiner Zeit. 1925 war er zum Kunststudium nach Berlin gekommen und fand (wie auch Cremer und Grzimek) in dem Bildhauer Wilhelm Gerstel seinen Lehrer. Gustav Seitz reihte sich bewusst in die Tradition der Berliner Bildhauerschule ein, die seit Schadow u. a. mit Georg Kolbe, Richard Scheibe und Wilhelm Gerstel auf eine relativ naturnahe Darstellungsweise in der figürlichen Plastik orientierte.
 


Bertolt Brecht, um 1955
Bronze

  Gustav Seitz' Hauptschaffenszeit fällt in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg. Als er 1945 aus dem Krieg nach Berlin zurückkam, war fast sein gesamtes künstlerisches Werk durch Bomben vernichtet. Doch ungebrochen setzte Seitz seine künstlerische Arbeit fort. Schon im Juni 1946 wurde er auf Vorschlag von Tessenow auf den Lehrstuhl für plastische Gestal- tung an der Technischen Hochschule berufen, 1947 ernannte ihn Karl Hofer gleichzeitig zum Professor an der Hochschule für bildende Künste. Doch in der geteilten Stadt geriet er bald zwischen die Fronten des kalten Krieges. Als er den Nationalpreis der DDR entgegen- nahm und Mitglied der Akademie der Künste zu Berlin (Ost) wurde, suspendierte man ihn von der Lehrtätigkeit an der Hochschule für bildende Künste und erteilte ihm mit sofortiger Wirkung Hausverbot. Dasselbe widerfuhr ihm an der Technischen Hochschule. Trotz vieler Anfeindungen setzte Seitz seine künstlerische Entwicklung kontinuierlich fort. 1958 folgte er einer Berufung an die Hochschule für bildende Künste in Hamburg, wo er bis 1967 unterrichtete.
Das bildhauerische Werk aus 45 Arbeitsjahren ist unverwechselbar und reich an formaler Erfindung und Sinngebung. Seitz' Hauptthema war der menschliche Körper. Alle seine Werke - einschließlich der letzten, fast abstrakten - sind voller Sinnlichkeit. Dasselbe gilt für die Zeichnungen und die Grafik von Gustav Seitz, die sich gleichberechtigt und eigenwertig neben dem plastischen Werk behaupten. Zur Ausstellung gehören 37 Plastiken. Darunter befindet sich die lebensgroße Bronze "Stehende mit Gewand" aus den Jahren 1947/48, eine Käthe-Kollwitz-Plastik von 1956/57, Köpfe u.a. von Bertolt Brecht, Ernst Bloch, Thomas und Heinrich Mann und Arbeiten aus seiner letzten Schaffensphase in Hamburg wie "Die Haarflechterin" oder zwei Entwürfe zur "Lauschenden". Es werden Zeichnungen in unterschiedlichen Techniken (Kohle, Feder/Tusche, Aquarellfarbe, Rohrfeder/Tusche, Filzstift, Bleistift) und Druckgrafik (Pinsellithografie, Kreide-, Federlitho- grafie) gezeigt. Ein großer Teil der Arbeiten ist verkäuflich.

       

Bertolt Brecht, 1967
Federlithografie

 

 

o. T., 1957
Feder, Tusche

 

 

Drei weibliche Torsi, 1968
Feder und Pinsellithografie

 
Lebensdaten    
1906   geboren am 11. September in Neckarau bei Mannheim als Sohn eines Putzer- und Stukkateurmeisters
1912 - 1921   Volksschulausbildung
1922   Putzerlehre auf dem Bau, erste Berührung mit bildender Kunst durch Besuche der Mannheimer Kunsthalle
1922 - 1924   Übergang zur Bildhauerlehre, Ausbildung bei dem Bildhauer August Dursy in Ludwigshafen, Zeichenunterricht in der Gewerbeschule Mannheim bis zur Gesellenprüfung als Bildhauer
1924   Studienbeginn an der Landeskunstschule Karlsruhe bei Georg Schreyögg
1925   Aufnahme in die Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin-Charlottenburg
1926 - 1932
  Meisterschüler bei Wilhelm Gerstel, intensives Naturstudium und Besuch von Museen in Deutschland, Italien und Frankreich
1926   erste Ausstellung einer Arbeit in der Galerie Flechtheim, danach Unterstützung durch Alfred Flechtheim
1927 - 1932
  auf verschiedenen Ausstellungen vertreten, u. a. Preußische Akademie der Künste, Verein Berliner Künstler, Große Berliner Kunstausstellung, Einzelausstellung in der Kunsthalle Mannheim
1933   Meisteratelier an der Preußischen Akademie der Künste zu Berlin unter Hugo Lederer
1937   Beginn der engen Zusammenarbeit mit Heinrich Tessenow
1940 - 1945   Soldat und Kriegsgefangener, Atelier und Wohnung werden mit sämtlichen Arbeiten durch Bomben zerstört
1946   Neubeginn der künstlerischen Tätigkeit
1947   Berufung als Professor und Lehrer an die Hochschule für bildende Künste zu Berlin-Charlottenburg
1950   wegen Annahme der Mitgliedschaft der Deutschen Akademie der Künste in Ost-Berlin von der Lehrtätigkeit in Berlin-Charlottenburg suspendiert
1951   Leitung eines Meisterateliers an der Deutschen Akademie der Künste in Ost-Berlin
1957   Corneliuspreis der Stadt Düsseldorf
1958   Übernahme des Lehrstuhls von Edwin Scharff an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg, Übersiedlung von Berlin nach Hamburg
1959 -1967   Lehrtätigkeit an der Hamburger Hochschule, Beteiligung an mehr als hundert Ausstellungen im In- und Ausland, mehrere Ehrungen, u. a. Verleihung des Großen Niedersächsischen Kunstpreises (1964) und des Edwin-Scharff-Preises der Stadt Hamburg (1965), Mitgliedschaft der Académie Royal de Belgique (1966)
1968   als Vertreter der Bundesrepublik auf der Biennale in Venedig
1969 durch Krankheit geschwächt nur noch mit Arbeiten kleinen Formats beschäftigt
am 26. Oktober stirbt der Künstler
 
Donnerstag, 11. November 1999, 19.30 Uhr
in der Galerie am Wasserturm
     
Podiumsgespräch zu Leben und Werk von Gustav Seitz

"Die Beziehung zur Natur - Verengung oder Verdichtung
des künstlerischen Ausdruckes"



 
   
mit

Klaus Kütemeier, Bildhauer, Hamburg
Christa Sammler, Bildhauerin, Berlin
Dr. Bernd Schälicke, Kunsthistoriker, Hannover
Prof. Michael Schoenholz, Bildhauer, Berlin
Dr. Jens Semrau, Kunsthistoriker, Berlin
Prof. Werner Stötzer, Bildhauer, Langsow
Moderation
    Dr. Fritz Jacobi, Kunsthistoriker
Nationalgalerie Berlin