Waldemar Otto ist einer der bedeutendsten figürlich arbeitenden
Bildhauer unserer Zeit.
An der Berliner Hochschule der Bildenden Künste studiert, blieb
er immer dem Abbild der menschlichen Figur verbunden, obwohl
sein Lehrer Alexander Gonda ebenso wie Karl Hartung und Bernhard
Heiliger und viele andere, theoretisch untermauert durch das
theoretische Dogma Will Grohmanns, der an der gleichen
Hochschule lehrte, sich gerade in diesen Jahren konsequent zum
Abstraktionismus hinwandten.
Nach nun fast 60jähriger Auseinandersetzung mit dem ewigen Thema
der Bildhauerei, dem Menschen, erreicht Waldemar Otto eine ganz
eigene Formensprache, eine überzeugende formale Konsequenz. Sie
basiert auf den Erfahrungen der Plastik im 20. Jahrhunderts mit
der Verformung der menschlichen Figur als ein den Ausdruck
förderndes Mittel. In der Art der Verformung aber findet
Waldemar Otto seinen ganz eigenen Rhythmus zwischen dem Abbild
und der abstrakten Form, seine Skulpturen sind für die Kenner
sofort identifizierbar.
In 26 Städten stehen von Waldemar Otto Werke im öffentlichen
Raum, unlängst, am 27. August 2008 wurde im Ministerium für
Arbeit und Sozialordnung der Bundesrepublik Deutschland in
Berlin seine Plastik »Mensch und Maß XXVIII« feierlich
eingeweiht. Seine Plastiken befinden sich in 23 Museen des In-
und Auslandes.
Das Gerhardt-Marcks-Haus in Bremen, das Bildhauermuseum des
Nordens, wird am 1. März 2009 aus Anlass des 80. Geburtstages
von Waldemar Otto eine große Ausstellung seines Lebenswerkes
zeigen und ein Werkverzeichnis herausgeben.
Im Jahre 2005 zeigte die Galerie am Gendarmenmarkt das erste Mal
Skulpturen von Otto. Es waren damals seine Torsi, die in der
ersten Hälfte der neunziger Jahre entstanden sind.
Es ist die Eigenart von Waldemar Otto, in geschlossenen
Werkgruppen zu arbeiten und dann das Thema zu verlassen, meist
für immer.
Vor den Torsi waren es die Figur-Wand-Kombinationen, es folgten
die Figuren im Block, die Sockeltorsi und die Werkgruppe »Mensch
und Maß«.
Seit dem Jahre 2003 entsteht die Gruppe
»Figuren mit Gewand«, an
die sich seit 2006 die »Männer« anschließen. Aus beiden
Werkgruppen ist die Ausstellung gespeist, wobei der Grund dafür
nicht nur die zeitliche Aufeinanderfolge ist, sondern im
Wesentlichen deren inhaltliche Gegenüberstellung als ein
Spannungsfeld zwischen Vollendung in den Gewandfiguren und des
Niederganges in den Figuren der alten Männer.
Die Figuren mit den Gewändern preisen die schönen, denn
weiblichen Formen. Das Spiel mit Körperlichkeit und deren
Verhüllung, mit Andeutung und Ausprägung schafft etwas
Geheimnisvolles und zugleich sich Offenbarendes. Diese Dialektik
zwischen Verhüllung und Preisgabe lotet Waldemar Otto auf
differenzierte Weise aus. Selbst die bedeutungsvolle Gestik
verbirgt er, wodurch diese eigentlich exponierter wird als durch
die Armbewegung direkt. Am Ende steht das Gewand allein als
Torso, die Weiblichkeit zurück genommen, zur Andeutung geworden.
Die alten Männer sind eine Umkehrung von Plastizität, die Form
scheint nach innen gewölbt, drängt nicht mehr nach außen, ist in
sich gekehrt. Auf die Reife folgt der Niedergang, im Sinne des
Angekommenseins an ein Ziel, das sich damit erfüllt hat. Die
Männer prahlen nicht, sie sind in ihrer Zurückgenommenheit
einfach da und in der versöhnlichen Gelassenheit des
Alltäglichen schwingt eine feine Nuance von Ironie. Waldemar
Otto umkreist das Thema der Männer in solcher formaler
Konsequenz, wie sie nur nach einer fast 60järigen
Auseinandersetzung mit dem ewigen Thema der Bildhauerei, dem
Menschen, erreicht werden kann. Waldemar Otto ist einer der
bedeutendsten figürlich arbeitenden Bildhauer unserer Zeit.
Erste Ausstellung der Galerie am Gendarmenmarkt mit Werken von
Waldemar Otto:
22. Oktober bis 26. November 2005
Torsi und andere Figuren |