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René Graetz (1908 bis 1974)
Skulpturen, Zeichnungen, Siebdrucke

Ausstellungsdauer
3. Juni bis 16. Juli 2005

Abb.*

 
 
Vernissage
Donnerstag, den 2. Juni 2005, 19 Uhr


Es spricht:
Dr. Fritz Jacobi, Kunsthistoriker, Berlin
Kustos der Neuen Nationalgalerie
der Staatlichen Museen Berlin

Rubriken der aktuellen Ausstellungs-Präsentation:

Einführung l Plastik(1) l Plastik (2) l Zeichnungen + Drucke
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In der Ausstellung zum Preis von 15 – erhältlich

RENÉ GRAETZ Skulpturen - Körper als Figur und Zeichen
mit einem Textbeitrag von Fritz Jacobi

erschienen aus Anlass der Doppelausstellung

René Graetz  Skulpturen - Körper als Figur und Zeichen und
Elizabeth Shaw - Spuren der Erinnerung

Kunstkaten Ahrenshoop, 29. September bis 12. November 2002

herausgegeben von Guenter Roese in der Reihe roese edition
MCM ART Verlag Berlin · ISBN 3-9807734-1-8

64 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen von Werken der
Ausstellung

Leseprobe

Fritz Jacobi: KARGHEIT UND DRAMATIK
Zum Werk von René Graetz

Es muß Anfang der 1970er Jahre gewesen sein, als die Bildhauer des Verbandes Bildender Künstler in den Räumen der Alten Nationalgalerie eine Besprechung abhielten. Es ging um die Vorbereitung einer Ausstellung, und René Graetz, mit langem Schal um den Hals, sprach mit leicht französischem Akzent überraschend von Paris und Constantin Brancusi, der einmal nur eine einzige Figur, seinen berühmten »Hahn«, in einen Saal gestellt habe, was großes Aufsehen erregte und viele Besucher angelockt habe. Einige der Anwesenden waren etwas irritiert; das von Graetz heraufbeschworene Bild kam in seiner Klarheit und Stringenz wie aus einer anderen Welt. Gerade deshalb ist es mir wohl in Erinnerung geblieben und verbindet sich für mich bis heute mit seiner Persönlichkeit und damit auch mit seinem Werk. Dieses kurze Statement, das ich erlebt hatte, deutete zugleich das ganze Spannungsfeld an, in das sich Graetz, der Bildhauer und Graphiker, Maler und Keramiker, gestellt sah. 1908 in Berlin geboren, aber in Genf aufgewachsen und zum Drucker ausgebildet, hat René Graetz längere Jahre, von 1929 bis 1938, in Kapstadt als Drucker gelebt und gearbeitet und sich dort der künstlerischen Tätigkeit zugewandt. 1938 kehrte er nach Europa, nach Paris, zurück, emigrierte aber kurz darauf wegen seiner antifaschistischen Haltung nach London. Für ein Jahr wurde er bei Kriegseintritt Englands in ein Internierungslager in Kanada verbracht, ehe er 1941 wieder nach London übersiedeln durfte. Dort war er dann im deutschen Kulturbund tätig, lernte 1943 Henry Moore kennen und besuchte ihn mehrmals in dessen Atelier. 1946 ging er mit Emigranten wie Theo Balden, Heinz Worner u. a. in den Osten Deutschlands, um hier neue gesellschaftliche Verhältnisse aufzubauen. Doch seine von der progressiven Kunst geprägten Haltungen bereiteten ihm, wie anderen Künstlern auch, häufig Probleme mit einer volkstümelnden, auf vordergründige Pathetik eingestellten Kulturpolitik. Dennoch stellte er sich diesen Schwierigkeiten - gemeinsam mit Künstlerkollegen wie Horst Strempel, Arno Mohr, Fritz Cremer, Gustav Seitz, Waldemar Grzimek, Theo Balden oder Herbert Sandberg und versuchte sie zu überwinden. Er beteiligte sich an Wandbildaufträgen für Hennigsdorf, 1949 und Ballenstedt, 1950, die seinerzeit heftige Diskussionen auslösten, ebenso an der Gestaltung der Nationalen Mahn- und Gedenkstätten in Buchenwald, 1958 mit drei Reliefstelen und in Sachsenhausen, 1 959 mit der überlebensgroßen Figurengruppe »Befreiung«. Immer wieder setzte sich René Graetz nachdrücklich für einen freien Umgang mit der Kunst ein, was gerade für die jüngeren Bildhauer, wie etwa Friedrich B. Henkel, wichtig und ermutigend war.
Es waren nicht nur diese gesellschaftlichen Konflikte, auch die eigenen künstlerischen Fragen haben dazu geführt, daß René Graetz immer ein Suchender geblieben ist. »Eine Form«, so hat er einmal notiert, »muß innere Spannung haben. Spannung ist nicht nur eine physische Eigenschaft - viel hängt vom geistigen Standpunkt ab.« Zeitlebens hat er um diese Spannungen und Standpunkte gerungen - künstlerisch, menschlich und weltanschaulich. Seine zweite Frau, die großartige irische Zeichnerin Elizabeth Shaw, erinnerte sich aus Anlaß der Gedächtnisausstellung für René Graetz 1978 in der Nationalgalerie: »Wenn ich an René denke, denke ich an sein lebhaftes Temperament, seinen Charme, seine Großmut - und vor allem an die vielen Konflikte, an denen er beteiligt war und die in ihm waren.«

 

Übersetzungen zu den Tagebuchaufzeichnungen von Rene Graetz vom März 1970 (Auszüge) [aus dem Buch]:

März 1970 - fange von vorn an - mein Formgefühl ist verbraucht - ich muß nach neuen Formbeziehungen suchen. Ist die menschliche Gestalt das einzige Medium, in der Skulptur neue Ideen auszudrücken? Mit Sicherheit nicht. Ich muß innehalten und nachdenken - nachdenken über alles, was ich in den letzten zwanzig Jahren gemacht habe. In vielerlei Hinsicht habe ich 20 Jahre meines Lebens verloren. Ich werde erst einmal einige einfache Übungen zu (neuen) Formbeziehungen machen, menschliche (Körper)formen nutzend, oder solche, die hieraus abgeleitet sind, um hieraus eine neue Formensprache zu entwickeln. ...
Es ist erstaunlich, wie (jetzt) eine neue, weitaus plastischere Formbeziehung entstanden ist. Die Formen selbst sind (auch) viel eigenständiger. Ich bin - solange ich mich erinnern kann - nicht mehr so glücklich und zufrieden gewesen. ...
Diese Art des Arbeitens ist weitaus mehr in Übereinstimmung mit meinem grafischen Schaffen. Ich empfinde zunehmend ein Gefühl innerer Harmonie. Ich arbeite jetzt sehr schnell. ...
Ich versuche Skulpturen von äußerster Plastizität zu formen, die in der Drehung unterschiedlichste Profile entwickeln. ...
Nun weiß ich, dass ich ganz bei mir selbst angekommen bin, vielleicht zum ersten mal seit 1950. Es gibt kein zurück. Ein wundervolles Gefühl: auf Abstand zu gehen, sich unabhängig zu machen von all den falschen Einflüssen, die für die künstlerische Arbeit wenig bedeuten. ...

 

* Abbildung oben: Inborn Power, 1970, Bronze 2/5, H.: 76 cm - Aufnahme und Einrichtung Dr. Hermann Büchner
Titelbild und Faksimile aus dem Buch RENÉ GRAETZ Skulpturen - Körper als Figur und Zeichen - mit freundlicher Genehmigung

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