Neben den Traditionen der figürlichen Plastik des zwanzigsten Jahrhunderts,
denen die Galerie sich in diesem Jahr mit besonderer Intensität gewidmet hat,
verfolgt sie auch das Ziel, jene Generation von Malern in das Gedächtnis zu
rufen, die der sogenannten ?verschollenen Generation? angehören, Maler, deren
Wirken durch
die Nazis abrupt unterbrochen oder gar verfolgt wurde und denen
nach 1945 in Deutschland die Anerkennung wiederum versagt blieb, weil sie sich
weder dem Dogma des Abstraktionismus noch dem des Sozialistischen Realismus
unterwerfen wollten.
Albert Hennig gehört zu dieser Generation.
Er ist einer der letzten von 1287 Bauhausschülern, 1932 in Dessau und 1933 dann
in Berlin. Hier knüpft Hennig nach dem Sturz des Faschismus wieder an, so wie
viele Künstler seiner Generation zuerst das Erbe der Klassischen Moderne
verarbeiten, bevor die Polarisierung in Naturalismus und Abstraktionismus
voranschreitet.
Der Kunsthistoriker Will Grohmann beachtet mit Interesse die freien
Kompositionen Hennigs als Zeichen für einen Neubeginn der Malerei nach der
figürlichen Kunst im Faschismus.
Albert Hennig engagiert sich infolge seines früh geschärften Blicks für soziale
Ungerechtigkeiten – er war mit mehreren Geschwistern in einer proletarischen
Familie in einer Leipziger Industrievorstadt aufgewachsen – für einen Neubeginn
der Gesellschaft, gründet in Zwickau den Kulturbund, unter seinem Dach die
Gruppe bildender Künstler und arbeitet schließlich als Referent für bildende
Kunst im Bezirk Chemnitz. Mit dem Ziel, für eine sozial gerechte Gesellschaft zu
wirken, tritt er der SED bei.
Mit der Zuspitzung der »Formalismusdebatte« in der DDR, der auch das Werk
Hennigs anheim fiel, gerät er immer mehr in Widerspruch zur herrschenden
Politik. Er sieht den Versuch, seine sozialen Utopien verwirklichen zu können,
als gescheitert an, tritt 1953 wieder aus der SED aus und arbeitet fortan, wie
auch vor seiner Bauhauszeit und während des Faschismus, als Betonarbeiter.
Erst als Rentner widmet er sich wieder ungeteilt seinem künstlerischen Werk, das
nun ungehindert gedeiht, ungehindert durch den Kunstmarkt, da er wirtschaftlich
von diesem nicht abhängig war und nun auch ungehin-
dert durch die Politik.
Er hatte schon immer gezeichnet, wo er ging und stand, Szenen des Alltagslebens,
und Porträts mit psycholo-
gischem Tiefgang. Dies setzte er nun fort.
In den fünfziger Jahren sind gegenständliche und figürliche Arbeiten für ihn
prägend, Landschaften, Menschen
in den unterschiedlichsten Situationen und
Porträts.
In der Bauhauszeit hatte er eher dem freien Spiel der Formen und Farben gefrönt,
den Gesetzmäßigkeiten ihrer Wirkungsweisen auf der Spur.
Seit den sechziger Jahren wachsen beide Stränge nebeneinander, die abstrakte
Komposition und das Abbild-
hafte, durchdringen und befruchten einander, zum
Aquarell gesellt sich die farbige Monotypie und das Pastell, auch den
Holzschnitt entdeckt er für sich, farbig und schwarzweiß.
Seine Farb- und Formensprache ist prägnant und atmosphärisch, analytisch und
stimmungsvoll.
Mit den achtziger Jahren beginnt eine umfangreiche Ausstellungstätigkeit,
vorrangig im sächsischen Raum, in Chemnitz, Leipzig und Dresden, mit den
neunziger Jahren quantifiziert sich diese weiter und dehnt sich auf den
westlichen Teil Deutschlands, auf die Schweiz und Frankreich aus. Albert Hennig
erhält verschiedene Auszeich-
nungen und Orden.
Inzwischen werden seine Werke auf den verschiedensten Auktionen mit Erfolg
versteigert, in München, Köln, Dresden, Frankfurt am Main, Leipzig, Bern,
Saarbrücken, Hamburg, Stuttgart, Königsstein, Zwiesel und Berlin,
wo nun aus
Anlass seines 100. Geburtstages am 7. Dezember 2007 erstmals eine Ausstellung
stattfindet, die einen Einblick in sein ?vre geben soll.
Gezeigt werden Fotografien der zwanziger und dreißiger Jahre, Aquarelle,
Zeichnungen, Holzschnitte und einige wenige Lithografien, die sich alle auf das
kleine Format beschränken, über DIN A3 gehen sie nicht hinaus.
Zur Vernissage der Ausstellung wird der Leiter der Galerie im Malzhaus in
Plauen, Herr Peter Hochel, in das Leben und Wirken Alfred Hennigs einführen.
Er ist Herausgeber der 1997 erschienenen Monographie über Albert Hennig, des
1998 erschienenen Bandes über sein umfangreiches zeichnerisches Werk (beide
Bücher werden in der Ausstellung zum Kauf angeboten) und betreut Hennigs
künstlerischen Nachlass.
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