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                Leseprobe aus dem nachfolgenden Band
 Peter Hochel: Albert Hennig - Der Zeichner
 
 Ein erfülltes und farbenreiches Leben - ein eindrucksvolles, 
                umfangreiches künstlerisches Werk hat sich vollendet.
 Albert Hennig verband für mich auf einmalige Weise sein Leben 
                und seine Kunst durch ihm wesenhafte Eigenschaften: Fleiß, 
                Ausdauer, Zuverlässigkeit und Bescheidenheit. Sein Talent und 
                sein Schicksal sind so nur als Einheit in seiner Person 
                begreifbar.
 Schon als junger Mann - nach schwieriger Kindheit - erlebt er 
                durch die Begegnung mit Edit, seiner lebenslangen, treuen 
                Begleiterin, und ihrer Familie eine Welt, in der nicht nach 
                Herkunft und Stand der Wert des Menschen festgemacht wird, 
                sondern Fähigkeiten und Veranlagungen anerkannt und gefördert 
                werden.
 Albert Hennig kann sein Talent, im Alltäglichen und Trivialen 
                das Allgemeingültige und Menschliche zu sehen, entdecken und für 
                sich weiterentwickeln. Mit der Kamera von Edit's Vater beginnt 
                er noch ohne klare künstlerische Absicht und getragen von 
                sozialen Einsichten, was seinen ganzen Lebensweg mitbestimmen 
                wird: Er macht seine Sicht der Dinge sichtbar. Nicht als großen, 
                lauten Entwurf, sondern immer sparsam, leise, aber klar und 
                deutlich.
 Später am Bauhaus - seine fotografischen Arbeiten werden hier in 
                ihrem künstlerischen Wert erkannt und öffnen ihm die Tür zur 
                Zulassung - erlebt er die Gedankenwelt und den Gestaltungswillen 
                wichtiger Persönlichkeiten und den Beginn eines neuen 
                Ausdrucksmittels für sich: das Zeichnen.
 Als Josef Albers - sein Lehrer im Vorkurs - Albert Hennig rät: 
                »Hennig, zeichnen Sie, zeichnen Sie, wo immer Sie sind!« ahnt er 
                sicherlich nicht, in welchem Maße diese Aufforderung für Albert 
                Hennig lebensbestimmend wird und mit welcher Beharrlichkeit und 
                Ausdauer er den Weg des Zeichners gehen wird, sein ganzes Leben 
                lang.
 Seine letzte Zeichnung wird er am Tage seines Schlaganfalls im 
                Alter von über neunzig Jahren vollenden. Dazwischen liegen fast 
                sieben Jahrzehnte einer künstlerischen Entfaltung, die für mich 
                in ihrer Kontinuität, Konsequenz und Transparenz ihresgleichen 
                suchen kann. [...]
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